Keine Einlassung bei sachlicher Unzuständigkeit
Art. 4 ZPO, Art. 60 ZPO
Die Berufungsinstanz hat die sachliche Zuständigkeit auch ohne entsprechende Rüge zu prüfen. Das Interesse der Parteien an einer raschen Streitbeilegung kann die Verletzung der zwingenden gesetzlichen Zuständigkeitsordnung nicht aufwiegen, jedenfalls dann nicht, wenn die Parteien mit dem unzulässigerweise ergangenen Sachentscheid nicht einverstanden sind.
Die Mieterin einer Ladenfläche klagte gegen die Vermieterin vor Mietgericht Zürich. Nachdem das Mietgericht einen doppelten Schriftenwechsel, eine Instruktionsverhandlung sowie eine Hauptverhandlung mit Beweisabnahme durchgeführt hatte, setzte es den Parteien Frist an, um sich zur sachlichen Zuständigkeit zu äussern. Beide Parteien vertraten die Auffassung, das Mietgericht habe auf die Klage einzutreten. In der Folge entschied das Mietgericht, das Verfahren fortzusetzen. Das Obergericht des Kantons Zürich trat demgegenüber von Amtes wegen auf die Klage nicht ein, da das Handelsgericht zwingend und ausschliesslich zuständig sei.
Das Bundesgericht erwog, das Gericht habe von Amtes wegen zu prüfen, ob die Prozessvoraussetzungen gegeben seien (Art. 60 ZPO). Das Obergericht sei deshalb zu Recht auch ohne entsprechende Rüge im Berufungsverfahren auf die Klage nicht eingetreten. Da die sachliche Zuständigkeit der Disposition der Parteien entzogen sei, könnten sich die Parteien bei sachlicher Unzuständigkeit auf das Verfahren nicht einlassen. Das gelte auch noch im Rechtsmittelverfahren: Die Rechtsmittelinstanz habe die sachliche Zuständigkeit auch ohne entsprechende Rüge zu prüfen; es komme nicht darauf an, ob überhaupt eine Unzuständigkeitseinrede erhoben wurde (E. 3.2).
Das Gericht kann die sachliche Zuständigkeit auch erst in einem fortgeschrittenen Prozessstadium überprüfen; der Umstand, dass zu Beginn des Verfahrens kein Zuständigkeitsentscheid gefällt wurde, schafft keinen Einlassungstatbestand. Das Interesse der Parteien an einer raschen Streitbeilegung kann die Verletzung der zwingenden gesetzlichen Zuständigkeitsordnung nicht aufwiegen, jedenfalls dann nicht, wenn die Parteien mit dem unzulässigerweise ergangenen Sachentscheid nicht einverstanden sind. Ein allfälliges Vertrauen der beklagten Partei in die Zulässigkeit der Klage kann die sachliche Zuständigkeit in der Regel nicht begründen, da sie das Gericht selber nicht gewählt und daher keine nachteilige Disposition getroffen hat. Die beklagte Partei hat sich zudem auch gegen unzulässige Begehren zu verteidigen. Selbst ein begründetes Vertrauen der klagenden Partei kann keinen unzulässigen Rechtsweg vor einer unzuständigen Instanz öffnen (E. 3.4).
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