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22. April 2016 von Melanie Lehmann

Allgemeines Replikrecht

Art. 29 BV, Art. 53 ZPO, Art. 142 ZPO, Art. 143 ZPO

Die Zehntagesfrist zur Wahrung des Replikrechts ist eine Wartefrist in dem Sinne, als das Gericht vor Ablauf dieser Frist seit Zustellung der Eingabe nicht von einem Verzicht auf das Replikrecht ausgehen darf. Vom elften Tag an darf das Gericht hingegen ein Urteil fällen. Will eine Partei sicherstellen, dass ihr Replikrecht gewahrt wird, hat sie dafür zu sorgen, dass ihre Eingabe spätestens am zehnten Tag der Frist beim Gericht eintrifft.

BGer 5D_81/2015 vom 4. April 2016

Am 24. März 2015 wurde dem Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Kantonsgericht Luzern die Berufungsantwort zur Kenntnisnahme zugestellt. Am Dienstag nach Ostern, dem 7. April 2015, übergab er der Post eine Replik. Am 8. April 2015 hiess das Kantonsgericht die Berufung teilweise gut. Am 9. April 2015 ging beim Kantonsgericht die Eingabe des Beschwerdeführers ein.

Stellt das Gericht den Parteien eine Eingabe lediglich zur Kenntnisnahme ohne Fristansetzung zu, bringt es damit zum Ausdruck, dass es den Schriftenwechsel geschlossen hat und die Sache für spruchreif hält. Will sich eine Partei dazu äussern, hat sie dies umgehend zu tun oder um Ansetzung einer Frist zu ersuchen, andernfalls das Gericht annimmt, sie verzichte auf eine weitere Eingabe (E. 2.3.2). Das Bundesgericht bestätigt die allgemeine Regel, wonach vor Ablauf von zehn Tagen nicht von einem Verzicht auf das Replikrecht ausgegangen werden darf (E. 2.3.3).

Bei der Frist von zehn Tagen handelt es sich nicht um eine Aufforderung an die Parteien, eine allfällige Replik bis spätestens am letzten Tag der Frist einzureichen oder der Post zu übergeben, wie dies für gesetzliche oder gerichtliche Fristen vorgesehen ist (Art. 143 Abs. 1 ZPO). Vielmehr handelt es sich um eine Wartefrist des Gerichts in dem Sinne, dass es vor deren Ablauf nicht von einem Verzicht auf das Replikrecht ausgehen darf. Vom elften Tag an darf das Gericht hingegen ein Urteil fällen. Will eine Partei sicherstellen, dass ihr Replikrecht gewahrt wird, hat sie deshalb dafür zu sorgen, dass ihre Eingabe spätestens am zehnten Tag der Frist beim Gericht eintrifft (E. 2.3.4).

Im konkreten Fall fiel der zehnte Tag der Frist auf den Karfreitag, 3. April 2015, weshalb der Beschwerdeführer nicht annehmen musste, das Kantonsgericht würde eine Eingabe an diesem Tag empfangen. Aus dem gleichen Grund verlängerte sich die Frist zusätzlich um die Osterfeiertage bis Dienstag, 7. April 2015. Das Gericht durfte daher grundsätzlich am 8. April 2015 ein Urteil fällen (E. 2.4.1).

Das Bundesgericht bejahte aber trotzdem eine Verletzung des rechtlichen Gehörs: Da seine Rechtsprechung bezüglich der Qualifikation der Zehntagesfrist als Wartefrist bis anhin nicht klar war, durfte der Beschwerdeführer davon ausgehen, dass er für eine Eingabe auf jeden Fall zehn Tage Zeit haben würde, mithin bis Karfreitag, 3.  April 2015 (E. 2.4.2). Art. 142 Abs. 3 ZPO, wonach Eingaben nie an einem Samstag, Sonntag oder an einem anerkannten Feiertag eingereicht werden müssen, gelte sinngemäss auch für die Zehntagesfrist. Es dürfe dem Beschwerdeführer deshalb nicht zum Nachteil gereichen, wenn er seine Replik erst am 7. April 2015 der Post übergab (E. 2.4.2).

Das Bundesgericht liess in der Folge offen, ob der Fristenstillstand während der Gerichtsferien auch für das allgemeine Replikrecht gilt (E. 2.5).

Kommentar

Das Bundesgericht präzisiert in einem weiteren Entscheid das allgemeine Replikrecht. Will eine Partei ihr Replikrecht fristwahrend ausüben, hat sie dafür zu sorgen, dass ihre Eingabe spätestens am zehnten Tag der Frist beim Gericht eintrifft. Hätte das Bundesgericht diese Rechtsprechung bereits auf den vorliegenden Fall angewandt, hätte der Beschwerdeführer seine Eingabe folglich am 2. April 2015 der Post zuhanden des Gerichts übergeben oder am 7. April 2015 dem Gericht persönlich überbringen müssen. Obwohl das Bundesgericht sich nicht zur Frage äussert, ob die Frist von zehn Tagen während den Gerichtsferien stillsteht, deutet es an, dass dies nicht der Fall ist (vgl. E. 2.4.1).

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